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Simone Jacob

das letzte Kind hat ein Fell!



Wenn die Kinder aus dem Haus sind, wird es manchmal einsam…das perfekte Timing für einen Vierbeiner. Unser letztes Kind mit Fell heißt FRITZ und ist ein zotteliger Deutsch-Drahthaar, ein Vorstehhund mit strammen 35 Kilo.

Aber von Anfang an…

Wochenlang vergrub ich meine Nase in Hundeanzeigen. Es verging kein Tag, an dem ich nicht das Thema Hunde mit meinem Partner diskutierte. Zu Recht führte er an, dass wir nach vielen Jahren Eltern-Sklaverei endlich frei wären und es Wahnsinn wäre sich genau jetzt einen Hund ans Bein zu binden. Ganz abgesehen von all’ den Dingen, die ein Hund mit sich bringen kann, wie: stundenlanges Gassi gehen, zerbissene Stuhlbeine, zerfetzte Schuhe, hysterisches Bellen, läufigen Hündinnen hinterher jagen, ein umgepflügter Garten, filmreife Dominanz-Kämpfe mit Artgenossen.

Mit Hund ist prinzipiell alles möglich, dennoch war ich überzeugt, dass ich allen Eventualitäten mit konsequenter Erziehung entgegen wirken konnte. Ich war kein Hunde-Greenhorn. Ich hatte mein Leben lang Vierbeiner an meiner Seite und wusste was auf mich zukommen würde.


Kurz, ich war bereit alle Einschränkungen auf mich zu nehmen, denn ich wusste welche Freude und Liebe einem eine Fellnase ins Herz spült.

An meinem 59. Geburtstag war es dann soweit. Fritz, gerade zehn Wochen alt, wurde unser neues Familienmitglied.


Mit einem kleinen Welpen ist es gewissermaßen wie mit einem Baby. Man ist voller Freude und gleichzeitig leidet man unter schlaflosen Nächten bis der Kleine sauber ist und durchschläft. Doch anders als mit Babys, erledigt sich das Thema "stubenrein" mit Hunden innerhalb von zwei bis drei Wochen. Hundebabys sind netterweise um ein vielfaches einfacher großzuziehen und zu trainieren als Menschenbabys ;-).


Trotzdem gibt es ein paar Eckdaten, besonders am Anfang, auf die man vorbereitet sein sollte, wie:

  • Zombie-Nächte, bis der Kleine stubenrein ist.

  • Futterzeiten mehrmals täglich.

  • Die nächsten 10-15 Jahre zwei- bis dreimal täglich Gassi gehen bei Schneegestöber, Dauerregen oder Sahara-Hitze.

  • Stuhlgang eintüten und wegwerfen. (Mal ehrlich, wer würde das für seinen Liebsten machen? Ein weiteres Indiz für die übermächtige Liebe, die man für seinen Vierbeiner empfindet.)

  • Tägliches, konsequentes Hunde-Training.

  • Begegnungen mit netten und doofen Hundemenschen oder gar Hundehassern, die einem gerne den Tag mit Schimpftiraden versüßen „Nehmen Sie ihren Scheißköter an die Leine“.

  • Aggressive Hunde, die sich auf ihren Liebling stürzen. Manchmal auch umgekehrt.

  • Fast-Shopping damit sich der Hund zu Hause nicht langweilt,

  • Extrakosten für das Hundehotel.

  • Intensives saugen und putzen. Hundehaare sind wirklich überall, nicht nur auf dem Boden, auch in der Suppe, auf der Couch, dem Cashmere-Pulli.

  • Autoreisen statt Flugreisen.

All’ diese Einschränkungen waren mir klar. Doch für Fritz habe ich mein freies Leben gerne an den Nagel gehängt. Dafür bekam ich einen treuen Freund, viel zu lachen und den besten Fitness-Trainer der Welt.


Fritz kennt keine Gnade. Er besteht auf sein ausgiebiges Gassi…Immer! Zwei- bis drei Stunden täglich pflügen wir durch die Landschaft, egal ob Matsch, Regen oder Sonnenschein.


Klar, das Ganze macht natürlich nur mit einem folgsamen Hund Spaß.

Wie Du sicher weißt, gehört zum Grundgehorsam Sitz, Platz, Bleib und Fuss und dass der Rückruf zuverlässig klappt. Das Hunde-Training führte anfangs nicht nur zu ein paar Diskussionen mit Fritz, sondern auch mit meinem Partner. Auf dieses Szenario war ich nicht vorbereitet.

Ich bestand auf Konsequenz, mein Partner sah den damals noch kleinen Fritz mehr als Sparring-Partner für ausgedehnte Raufereien und zum Quatsch machen. Doch ein Mensch der mit seinem Hund ständig auf dem Boden herumkugelt und Zerrspiele macht, ist allenfalls ein lustiger Spielkamerad aber kein Rudelführer. Bei einem kleinen Yorkshire-Terrier kann man das noch relativ leicht korrigieren, aber bei einem ausgewachsenen 35 Kilo Deutsch-Drahthaar kann dies zu erheblichen Problemen führen.


Zermürbt von unterschiedlichen Hunde-Erziehungsstilen landet so manche Ehe mit dem Einzug eines Vierbeiners vor dem Scheidungsrichter. Zum Glück kam es bei uns nicht so weit. Bald zogen wir an einem Strang, denn irgendwie ist es mit Hunden wie mit Kindern. Wenn die Eltern nicht die gleichen Regeln haben, verliert das Kind seinen Halt.

Jetzt ein Jahr nach Fritz‘ Einzug sind wir beide auf einer Erziehungslinie. Trotzdem hatte ich Lust mehr zu lernen und gönnte mir einen zweitägigen Workshop bei der deutschen Hundetrainerin Janina Werner vom Dog Psychology Center in Ludwigsburg. Sie und ihr Mann Thomas sind die einzigen in Deutschland zertifizierten Cesar Millan Trainer.

Schon lange bin ich ein Fan des Mexikaners. Bei ihm geht es viel um die innere Haltung des Besitzers. Zwei Tage lang übten wir mit Janina - meist im strömenden Regen ;-) - das perfekte Fuss gehen und desensibilisierten Fritz gegenüber Schafen und Ziegen, bei deren Geruch und Anblick er jedes Mal durchdrehte.

Mit dem bekannten Cesar Zischen „tscht“, dem Touch in die Seite, wie ein angedeuteter Hundeknuff und dem richtigen Timing, lernte Fritz schnell was wir von ihm wollten. Mit Janina trafen wir auf eine Hunde-Trainerin, die mit unglaublichem Einsatz, Herz, Intelligenz und Know-How dabei ist. Sie ist ein klares Tumbes up!!!

Timing, Konsequenz und eine innere, entspannte Haltung sind essentiell für eine gelungene Erziehung. Im Umgang mit dem Hund haben Emotionen nichts verloren. Ein Hund ist immer nur ein Hund. Er will uns nicht schaden oder ärgern. Er folgt einfach nur seinem stärksten Trieb und das ist je nach Rasse: jagen, hüten, beschützen, rennen, fressen und spielen. Unsere Aufgabe als Hundeführer ist es, seine Bedürfnisse soweit zu regulieren, dass Mensch und Hund harmonieren, der Hund aber trotzdem noch Hund sein darf.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass auch wir viel von unserem Vierbeiner lernen. Seine Lektion für uns ist das „JETZT“! Ein Hund lebt ausschließlich im „JETZT“. Das finde ich ziemlich toll! Ist es nicht das, wonach wir Menschen streben. Bücher wie „Jetzt“ von Eckard Tolle und teure Selbsterfahrungs-Seminare sollen uns dabei unterstützen. Von unserem Vierbeiner bekommen wir dieses Training umsonst. Wir müssen nur aufmerksam zuhören, zuschauen und mitfühlen.

Viel Spaß mit Eurem jetzigen oder zukünftigem Vierbeiner…








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